Gedanken-Steine

Lange habe ich mich geziert. Ich schreibe lieber über die Talente und Leidenschaften anderer als über mich selber. Zudem habe ich bewusst nur wenigen von meinen Gedanken-Steinen erzählt, um den Überraschungseffekt möglichst hoch zu halten. Nun aber ist die Zeit reif, mein kleines Geheimnis zu lüften und von meiner grossen Leidenschaft für kleine Steine zu erzählen.
Die Affinität für Steine trage ich schon lange in mir. Als Kind habe ich in den Ferien am Meer flache Felsen mit einem Gemisch aus roter Erde und Wasser bemalt. Es waren vergängliche, kleine Kunstwerke, die von der nächsten Flut wieder weggespült wurden.
Irgendwann kam die Zeit, wo ich Steine aus allen Ecken der Welt mit nach Hause schleppte und sie dort aufstellte. Und eines Tages habe ich begonnen diese Steine zu beschriften, mit Worten, Gedanken und Texten, die mir in den Sinn kamen oder die ich irgendwo gelesen habe.
Anfangs war mir nicht bewusst, wie ich dabei aufblühte. Inzwischen spüre ich es deutlich: ich werde ruhig, laufe langsamer, nehme die Umgebung intensiver wahr und vergesse dabei Raum und Zeit.
Zuerst waren es nur Worte, die ich auf Steine schrieb, später kamen Verzierungen dazu. Seit einigen Jahren setze ich meine kleinen Steinwerke nach dem Beschriften wieder aus: im Wald, an Stränden, auf Wanderwegen oder im eigenen Garten. Damit sie noch besser zur Geltung kommen, habe ich vor kurzem begonnen, kleine „Altäre“ aus herumliegenden Naturmaterialien für diese Steine zu bauen. Besonders geeignet sind alte, überwachsene Baumstrünke.
Wenn ich zu einem späteren Zeitpunkt wieder an diesen Plätzen vorbeikomme, sind die meisten Steine verschwunden. Sie wurden entweder vom Meer verschluckt, von Spaziergängern mitgenommen oder von Tieren weggetreten. Häufig ist die Dekoration noch unbeschädigt und ich kann einfach einen neuen Stein draufsetzen.
Mich fasziniert es, andere Menschen zu überraschen, sie mit meinen Gedanken-Steinen zum Nachdenken zu bringen, womöglich ein persönliches Thema an die Oberfläche zu bringen oder einfach mit einem kleinen Stein Freude zu bereiten. „Esoterische Ambitionen“ habe ich keine. Für mich sind diese kleinen Geschenke an unbekannte Menschen vielmehr auf „handfesten“ Steinen festgehaltene Gedanken und Anregungen.
Ich denke, dass sich jeder Mensch – auch wenn er oder sie kein Kind mehr ist – über Überraschungen freut. Wenn das Thema auf dem Stein auch noch die persönliche Situation des Finders oder der Finderin trifft, dann freut es mich ganz besonders.
Einmal kam ich am Haus einer Bekannten vorbei und entdeckte beim Eingang inmitten der Dekoration einen Stein von mir. Wir beide haben uns darüber gefreut und uns amüsiert. Diese Frau hütet den Stein heute noch, vier Jahre nachdem sie ihn an einem Strand auf La Gomera gefunden hat.
Indirekt sagen diese Steine auch etwas aus über meine Art zu beraten. Ich bediene mich nämlich gerne kreativen Mitteln und ziehe auf Wunsch die Natur mit in die Beratung ein.
Mit dieser Geschichte möchte ich keineswegs den Zauber des Findens zerstören. Meine Steine sollen weiterhin unbekannte Menschen, Spaziergänger und Wanderinnen überraschen und ihnen Freude bereiten. Die neuesten Werke habe ich auf der Unterseite mit meiner Webadresse versehen. So kann nun jeder nachvollziehen, von wem die Botschaft stammt. Natürlich freue ich mich über eine Nachricht, wer wann wo einen Stein gefunden hat! Auf diese Weise kann ich die Freude und Inspiration des Finders oder der Finderin besser teilen.
Vielleicht schaust du in Zukunft öfters und achtsamer nach links und rechts, wenn du unterwegs bist. Manche Steine sind nämlich gut versteckt, sodass man genau hinschauen muss. Viel Vergnügen beim Suchen und Finden!
Tiger, Eichhörnchen und Steinfigur sind Fundstücke vor Ort. Normalerweise verwende ich der Umwelt zuliebe ausschliesslich Naturmaterialien!
Wie wählst du den zu findenden Stein? Ist zuerst der Gedanke, der Spruch oder der Stein? Danke, für die Anregung, Steine sprechen zu lassen.
Lieber Luzi
Schön, dass du dich meldest! Vielen Dank für deine Frage, die ich gerne beantworte.
Das läuft alles sehr spontan und intuitiv ab. Ich lese Steine beim Wandern auf, horte sie in meinem Rucksack und setze mich an einem stimmigen Platz hin, wo ich sie beschrifte. Oder aber ich entdecke einen passenden Ort für einen bereits beschrifteten Stein, den ich im Rucksack verstaut habe, und bringe Ort und Stein zusammen. Heute z.B. schrieb ich unbewusst folgenden Gedanken auf einen Stein: „neugierig wie ein Kind“. Erst danach wurde mir richtig bewusst, dass ich neben einer Schaukel sass und ich den Stein ja eigentlich auf die Sitzfläche legen könnte 🙂 Dieses Vorgehen fördert meine Offenheit und mein Vertrauen, dass es am Ende super passt (zumindest für mein Empfinden).
Ich grüsse dich herzlich, Barbara